Kurskorrektur für Klima und Wirtschaftswachstum überfällig
Gastbeitrag von Bettina M. Wiesmann im Frankfurt Magazin der CDU Frankfurt, April 2024
Der Bundesrechnungshof hat der Energiepolitik der Ampelregierung ein verheerendes Zeugnis ausgestellt. Der im März erschienene Rechnungshofbericht zur Umsetzung der Energiewende stellt fest: Deutschland hinkt den eigenen Zielen beim Ausbau erneuerbarer Energien hinterher, die Versorgungssicherheit ist gefährdet, der Strom ist teuer und die Bundesregierung kann die Auswirkungen der Energiewende auf Landschaft, Natur und Umwelt nicht angemessen bewerten.
Wenige Tage nachdem die CDU/CSU-Bundestagsfraktion in einer „Aktuellen Stunde“ zum Rechnungshofbericht eine grundlegende energiepolitische Neuausrichtung gefordert hat, zeichnete Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ein ganz anderes Bild als der Rechnungshof: Gemäß neuester Projektionsdaten des Umweltbundesamts seien die Klimaschutzziele bis 2030 erreichbar. Darüber hinaus attestiere das Umweltbundesamt die Erreichung des CO₂-Ziels für das Jahr 2023.
Doch bei genauer Betrachtung wird klar: Die Erreichung des CO₂-Ziels im Jahr 2023 lag nicht etwa an Fortschritten beim Klimaschutz, sondern vor allem am Rückgang der Konjunktur. Insbesondere die energieintensive Industrie hat deutlich weniger produziert und daher weniger Treibhausgase ausgestoßen. Hinzu kommt, dass die Gaspreise aufgrund der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung wieder gefallen sind und in der Verstromung deshalb Kohle stärker durch Gas ersetzt worden ist. Auch gab es relevante Mengen an Stromimporten, die nicht auf die deutschen Emissionen angerechnet werden.
Die projizierte Erreichung der Klimaschutzziele bis 2030 basiert somit auf krisen- und konjunkturbedingten Effekten. Dabei sind die Kürzungen des Klima- und Transformationsfonds (zum Beispiel die Kürzung der Heizungsförderung für vermietete Gebäude oder die Streichung des Umweltbonus) noch gar nicht in den Berechnungen erfasst. Das Umweltbundesamt rechnet also mit Maßnahmen, die die Ampel längst zurückgenommen hat. Dies ist nur ein Beispiel, wie realitätsfern dieser Ausblick des Umweltbundesamtes auf die Erreichung der Klimaschutzziele ist.
Der Bundesrechnungshof hingegen hat in seinem Bericht solche wirklichkeitsfremden Prognosen am Beispiel der Stromversorgung in aller Deutlichkeit hinterfragt, mit dem Ergebnis, dass die Politik der Bundesregierung in puncto Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit, aber auch Klimafreundlichkeit der Stromversorgung mit erheblichen Risiken verbunden ist. Die Bundesregierung blendet diese Risiken aus. So ist bis heute keine tragfähige Kraftwerksstrategie vorhanden, der Windkraftausbau liegt erheblich hinter den Zielen, Stromnetze fehlen, und die Strompreise sind zu hoch.
Wir brauchen keine Schönwetterprognosen, sondern realistische Szenarien, auf denen eine verlässliche wirtschaftliche Entwicklung auch mit Blick auf unsere Klimaschutzziele aufgebaut werden kann. Der Bundeswirtschaftsminister sollte die Warnungen des Rechnungshofs ernst nehmen und handeln. Ohne Kurskorrektur droht ein Teufelskreis: Die Unternehmen leiden, die Wirtschaft stagniert, unsere Abhängigkeit von Energieimporten wächst, dringend benötigte Investitionen bleiben aus und der Klimaschutz kommt nicht voran.